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Business Model Innovation – Eine gezielte Veränderung des Geschäftsmodells

„So bedeutet ein neues Geschäftsmodell hin und wieder die Kannibalisierung des existierenden Kerngeschäfts.“

Oliver Schoen arbeitet bei Capgemini Consulting
Oliver Schoen

Ein Interview mit Oliver Schoen über die Bedeutung von Business Model Innovation, die Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Umsetzung und Trends. Oliver Schoen arbeitet bei Capgemini Consulting im Bereich Strategie und Transformation. Dort leitet er die Capability Area „Strategy & Innovation“. Derzeit ist er auch Lehrbeauftragter im Studiengang Wirtschaftsinformatik der Hochschule Heilbronn der Vorlesung „Strategisches Management“.

Anja Hosseini: Wie würden Sie „Business Model Innovation“ definieren?

Oliver Schoen: Hierfür ist zuerst zwischen Business Model und Business Model Innovation zu unterscheiden.

Ein Business Model ist eine profitable Architektur von Wertversprechen, Wertschaffung und Leistung für den Kunden.

Kurz lässt sich das wie folgt darstellen. Erstens, wie definiere ich meine sogenannte Value Proposition, also das Produkt/ den Service für ein spezifisches Kundensegment und den Wert, den es für diese Zielkunden verspricht. Zweitens, wie schaffe ich diesen Wert im Sinne einer Produktion und Orchestrierung der Partnerunternehmen? Und drittens, wie schaffe ich es mit dem Kunden zusammen diesen Wert zu erbringen und zu teilen?

Business Modell Innovation ist die gezielte Veränderung dieser Architektur und zwar gleichzeitig an mehreren Stellen.

Man könnte das auch ausführlicher definieren. Es gibt relativ viele Meinungen was ein Business Modell genau ist und wie dementsprechend Innovation zu interpretieren ist. Wenn man die Definitionen auf Ihren Kern reduziert, kommt man immer wieder auf ähnliche Punkte. Einige nennen das die Profit Formel: Wie mache ich eigentlich Geld? Wie mache ich als Unternehmen Geld? Das was alles an Komponenten hierfür notwendig ist, definiert dann mein Geschäftsmodell. Die oben genannten 3 Bereiche und 9 Elemente tauchen da in unterschiedlichen Fassungen immer wieder auf.

Da ist zum Einen die Frage nach dem Wert und dem zugehörigen Leistungsversprechen. Für diesen Markt definiere ich meine Value Proposition. Ein Automobilhersteller fragt sich z.B. „Welche Fahrzeuge biete ich für welche Kunden?“, „Wo und zu welchem Preis?“ und „Was zieht der Kunde daraus?“.

Der zweite Punkt ist Value Creation. Zentrale Fragen hier sind z.B. „Was sind die strategischen Assets, die ich brauche?“, „Was sind die Kernprozesse, die mir die Wertschöpfung erlauben?“, „Wie viel mache ich selbst?“, „Wie viel wird durch Partnerunternehmen reingeliefert?“ und „Wie stimme ich das im Netzwerk ab?“. So wird definiert, wie ich die versprochene Leistung erbringe und zu welchen Kosten.

Last but not least bleibt die Value Delivery. „Wie interagiere ich im weitesten Sinne mit dem Kunden?“, „Welche Kanäle nutze ich dafür?“, „Wie ist die Preis- und Umsatzlogik?“. Diese Value Delivery, definiert im weitesten Sinne auch wie eigentlich mein Erlösmodell aussieht.

Wie gesagt ist die „Innovation“ dann die Veränderung mehrerer dieser einzelnen Komponenten. Also z.B. adressiere ich ein anderes Kundensegment, nutze andere Assets und habe ein anderes Interaktionsmodell. Das wäre eine Innovation.

Anja Hosseini: Warum ist „Business Model Innovation“ heutzutage so wichtig?

Oliver Schoen: Dafür gibt es mehrere Gründe. Eine ganz bedeutende Rolle spielen technologische Innovationen der letzten 20 Jahre. Hierzu zählen sicher insbesondere die Umwälzungen durch das Internet und mobile Kommunikation, aber eben nicht nur.

Diese Innovationen reduzierten für viele Märkte die Eintrittsbarrieren, reduzierten die Transaktionskosten und erlaubten neue Interaktionsmöglichkeiten mit den Kunden. Insofern sind alle drei Bereiche der oben aufgezeigten Geschäftsmodell-Definition betroffen.

Auf dieser Basis können heute ganz neue Märkte geschaffen werden. Nehmen Sie z.B. Peer-to-Peer Lending. Mit Konzepten wie SMAVA, bei denen sich Privatpersonen gegenseitig Geld leihen, wird die Bank als Kapitalsammelstelle überflüssig gemacht. Ein neues Marktsegment entsteht und es erlaubt neue Wertversprechen zu leisten, oder das Kosten- und Erlösmodell signifikant zu verbessern.

Ein anderes Beispiel wäre das Smart-X, all diese Märkte wie Smart Homes, Smart Grid, Smart City, vieles was rund um diese neuen Themen möglich ist. Sprich intelligente Haussteuerung, intelligente Energiesteuerung, eigenständige Produktion von Energien. Dies ist auch ein schönes Beispiel für Market Convergence. Rund um einen neuen Markt kommen Industrien in Berührung, die bisher nicht viel miteinander zu tun hatten. Rund um Smart-X treffen sich auf einmal Telco-Unternehmen, Energieunternehmen, Consumer-Produkt-Unternehmen, usw. die für diesen Markt neue Geschäftsmodelle entwickeln.

Anja Hosseini: Was sind die Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Umsetzung von Business Model Innovationen?

Oliver Schoen: Hier sehe ich folgende Punkte.

Die erfolgreiche Umsetzung beginnt bereits mit der Definition eines auf den zukünftigen, sich dynamisch entwickelnden Markt ausgerichteten Geschäftsmodells. Dies bedingt eine ausgeprägte Fähigkeit der Trendforschung und Szenarioanalyse. Kurz gesagt, wer sich kein Bild von der Zukunft macht, kann diese auch nicht gestalten.

Beim konkreten Aufbau warten dann andere Herausforderungen. So bedeutet ein neues Geschäftsmodell hin und wieder die Kannibalisierung des existierenden Kerngeschäfts. Hier muss man bereit sein, die heiligen Kühe zu schlachten. Und wenn ich dazu nicht bereit bin, wenn ich diese Spannungen im Unternehmen nicht aushalte, dann wird die Geschäftsmodell-Innovation auch scheitern.

Als dritter Punkt fällt mir die organisatorische Aufstellung ein. Hier sollte man dafür sorgen, dass die heutigen Strukturen und Steuerungsmechanismen, die heutigen Prinzipien, die ich anwende, um mein existierendes Geschäft erfolgreich zu managen, nicht 1 zu 1 auf die neu entstehenden Geschäftsmodelle übertragen werden. Ein relativ reifes Geschäftsmodell ist eben anders zu steuern, als ein neu entstehendes.

Last but not least brauch ich die entsprechende Kultur im Haus, die in der Lage ist, die Innovation zu fördern, wertzuschätzen und Fehlschläge zu tolerieren.

Anja Hosseini: Gibt es bestimmte Trends?

Oliver Schoen: Ich denke schon.

Erstens „Peer-to-Peer“. Die Logik der direkten Kundenverbindung durch das Internet führt zur Eliminierung von Intermediären in verschiedenen Märkten. Dieser Trend ist noch lange nicht abgeschlossen und umfasst ein Spektrum, dass von Konzepten wie dawanda bis zu smava und LocalMotors reicht und insofern inzwischen weit über die datengetriebene Servicegeschäfte hinausgeht.

Ein zweiter Trend ist „Long Tail“. Das ist nun auch nicht mehr ganz neu, aber die Wirkungen der durch das Internet gesunkenen Transaktionskosten, gebündelt mit großer Reichweite erlaubt die profitable Bedienung von sehr kleinen Kundensegmenten. Dieser Trend reicht auch weit über das Internet hinaus. Man denke da nur an die Automobilindustrie mit ihren Plattformen und Varianten.

Drittens wäre da „Modularisierung“. Von einem vollintegriertem Geschäftsmodell auf dem alle einzelnen Bausteine aufeinander eingestellt und optimiert sind, dahin zu gehen, dass ich einzelne Komponenten meiner Leistungserbringung soweit separiere, dass ich sie ohne Probleme in andere Wertschöpfungsstrukturen, andere Geschäftsmodelle einbringen kann. Was heißt das konkret. Nehmen wir Amazon: Amazon hat für das ursprüngliche Business Model, für den Bücher-Onlinehandel, eine enorme Rechnerkapazität, also große, sehr flexible Server Farmen, aufgebaut. Diese Kompetenz im Betrieb hochskalierter Server Infrastrukturen haben Sie dann soweit vom ursprünglichen Model gelöst, dass ein eigenständiger Service (EC2) daraus wurde. Und alleine bei Amazon gibt es weitere Beispiele.

 

Über Anja Hosseini

Studentin des Studiengangs Electronic Business der Hochschule Heilbronn. Kontakt: Google+, Xing

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