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Bild von Frau Salmen und Studenten für den Artikel Chinas Aufstieg zur Weltwirtschaftsmacht – Eine Gefahr für Deutschland?

Chinas Aufstieg zur Weltwirtschaftsmacht – Eine Gefahr für Deutschland?

Seit einigen Jahren wächst die Chinesische Wirtschaft kontinuierlich. Doch wie ist der aktuelle Erfolg wirklich einzuschätzen? Wirkt sich dieser positiv oder doch eher negativ auf die deutsche Wirtschaft und den deutschen Markt aus? Durch eigene Recherchen und ein Interview mit Fabian Lübke, Ostasienwissenschaftler und Autor beim Blogprojekt „Stimmen aus China“, erklären wir, warum China gerade jetzt auf dem Weltmarkt so erfolgreich ist und wie Deutschland das nutzen kann. Des Weiteren wird auf  die ökonomische und politische Entwicklung Chinas eingegangen und wie sich diese auf die deutsche Wirtschaft auswirkt.

Wer glaubt, dass das politische System Chinas immer noch streng nach kommunistischem Vorbild organisiert ist, der hat weit gefehlt. China ist heute zwar noch immer ein autoritärer Staat, widerlegt aber einige Merkmale, die man automatisch mit einem solchen politischen System assoziiert. Auch wenn die Macht in Form der Kommunistischen Partei gebündelt ist, kommt es, etwa durch die Beziehung zwischen Lokal- und Zentralstaat, zu einer gewissen Machtteilung. Bis zur kommunalen Ebene gibt es auch schon erste demokratische Ansätze. In vielen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Belangen erweist sich der Staat als extrem anpassungsfähig und experimentierfreudig. Viele neue Regelungen werden in einem geographisch begrenzten Umfeld ausprobiert und nur diejenigen, die sich aus Sicht der Regierung als zielführend erweisen, werden letztendlich für das ganze Land übernommen. Teilweise konkurrieren dabei ganze Regionen darum das „bessere Modell“ für Chinas Zukunft zu bieten. Nur wenn es aus Sicht der politischen Führung zu einer Krisensituation kommt, wandelt sich China schlagartig wieder dem streng hierarchisierten Kontrollstaat, den viele noch von früher kennen. Grob gefasst wird Chinas aktuelles politisches System oft als adaptiver Autoritarismus bezeichnet.

Auch im gesellschaftlichen Bereich hat sich China weiterentwickelt. Im Gegensatz zu früher dürfen Absolventen ihren Beruf heute z.B. selbst wählen. Trotzdem wird China vermutlich wie Deutschland, langfristig in eine Überalterung laufen. Dies liegt zum einen an der „Ein Kind-Politik“ und zum anderen daran, dass Jungen gegenüber Mädchen bevorzugt werden. Daher gibt es jetzt schon bereits 20 % mehr Männer in China.  Zwischen 1980 und 1990 sind in China etwa 240 Millionen Menschen auf die Welt gekommen. Diese Y-Generation besitzt mit einem Anteil von 18% an Studenten und Studierten einen hohen Bildungsgrad und Anspruch an ihren Arbeitsplatz. Außerdem sind sie weniger bereit sich anzustrengen und wechseln schneller ihren Job, Wohnort und ihren Partner (im vgl. zur europäischen Y-Generation trotzdem noch längere Arbeitszeiten und weniger Urlaub). Sie kommen in den Genuss einer enorm gewachsenen Freizeit- und Konsumkultur. [1]

Außerdem kämpft China nach wie vor mit dem Problem, dass „Made in China“ für Billigware steht. Es sind westliche Manager, die sich über mangelnde Kreativität beschweren und die im internationalen Vergleich nach wie vor niedrigen Investitionen in grundlegende Forschung und Entwicklung führen dazu, dass in China im Vergleich zu der USA und Europa wenige Innovationen entstehen.

Doch wie können deutsche Unternehmen von der chinesischen Entwicklung profitieren? Das Social Web bietet normalerweise eine große Möglichkeit, um mit Kunden in Kontakt zu treten. Hinzu kommt, dass jeder 4 Internetuser der Welt ein Chinese ist. Damit ist China ein wirklich relevanter Kommunikationsmarkt für deutsche Unternehmen.

Doch das sogenannte „Chinanet“ bildet durch die „Great Firewall of China“ eine Zensur, die als Überwachungs- und Kontrollsystem dient, die es zu überwinden gilt. Ein Grund ist, dass China keine Server von Google in ihrem Land stehen haben möchte.

Deshalb werden Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter, XING, Youtube und auch Google in China durch chinesische Kopien ersetzt. Google+ kann nur mobil oder eingeschränkt genutzt werden. Stattdessen bietet China ihrer Bevölkerung eigene Portale in chinesischer Sprache wie Weibo, Baidu und Weixin. Sie bilden hier den Ersatz für diese Netzwerke bzw. Suchmaschinen. Auch diese unterliegen der Zensur der Regierung. Trotzdem versucht die Y-Generation, die etwa 25-30 % ausmacht, über VPN-Clients in den weltweiten Netzwerken aktiv zu bleiben um sich über Unternehmen, Forschung, Spiele, Musik, Videos, Downloads auszutauschen. Zusätzlich aus Konsuminteresse, sowie zum chatten, kommunizieren und zur Partnersuche. [2] Die Y-Generation wird nicht mehr so stark durch Religion und Philosophen beeinflusst, sondern durch neue digitale und globale Technologien.  Wer also trotzdem das größte Internetpublikum auf diesem Weg erreichen möchte, muss sich mit diesen Portalen vertraut machen. Denn China wächst zu einer riesigen Social-Netzwerk-Nation heran.

Doch welches sind die wichtigsten sozialen Netzwerke und wie können unterschiedliche Altersgruppen über soziale Netzwerke angesprochen werden?

Fabian Lübke:Es gibt auch in China verschiedene soziale Netzwerke. Die drei größten „klassischen“ Netzwerke sind Renren, Kaixin und Qzone. Renren weist viele Parallelen zu Facebook auf. Das Netzwerk hieß zuvor „Xiaonei“, was so viel wie „Campus“ bedeutet. Studentische Nutzer sind auch heute noch die zentrale Zielgruppe des Netzwerks. Bei Kaixin versammelten sich vormals die White Collars, die aber immer mehr auf twitterähnliche Microblogging-Dienste wie Tencent oder Sina Weibo umsteigen. Qzone ist angeblich das nutzerstärkste Netzwerk, versammelt aber anscheinend zahlreiche „Dateileichen“, da mit einer Anmeldung bei der allseits beliebten, ICQ-ähnlichen Chatanwendung QQ automatisch die Einrichtung eines Blogs bei Qzone einhergeht. Die unterschiedlichen Altersgruppen, wie bereits angedeutet, lassen sich vereinzelt auch heute noch grobe Trends in der Nutzerstruktur einzelner Netzwerke erkennen. Ansonsten hängt einiges an der spezifischen Gestaltung und (multi-)medialen Unterstützung der Nachricht.“

Hinzu kommt das während im Westen die User langsam genug davon haben, Unternehmen zu folgen oder zu liken, sind in China, die kommerziell noch nicht gesättigten Menschen, bereit dies zu tun. Laut einer aktuellen Studie von McKinsey sind etwa 60 % der Chinesen bereit, über Social Networks mehr über Unternehmen zu erfahren. Denn gerade Meldungen aus dem Social Web werden als besonders glaubwürdig empfunden. [3]

Das am stärksten Wachsende und somit für Facebook gefährlichste Netzwerk in China ist Weixin. Welche Rolle spielt dieses Netzwerk in der Zukunft?

Fabian Lübke:Weixin ist im Moment wahrscheinlich der digitale Trend in China schlechthin, nach eigenen Angaben mit bereits über 300 Mio. Nutzern. Weixin verbindet zahlreiche bereits bestehende Dienste, und erweitert diese um einige innovative Zusatzangebote. Am ehesten ist es vielleicht mit Whats App vergleichbar. So können auch mit Weixin per PC und Smartphone Text- Bild- und Tonnachrichten über das Internet ausgetauscht werden. Da auch die Bildmanipulation zu den Funktionen gehört, sind auch Parallelen zu Instagram zu erkennen. Darüber hinaus gibt es jedoch noch Funktionen zur Kontaktaufnahme, die sich bei uns in dieser Form noch nicht durchgesetzt haben. Wie das vorhin bereits angesprochene QQ stammt auch Weixin aus der großen Pekinger Internetschmiede Tencent. Tencent hat dabei das ambitionierte Ziel, entgegen früherer Software mit Weixin selbst neue Standards zu setzen.“

Firmen wie Starbucks und Nike nutzen dieses Netzwerk bereits als Marketing- und Vertriebskanal. Die Unternehmen müssen sich also in diese Netzwerke integrieren und gezielte Werbung auf ihren Kundenstamm und ihre potenziellen Kunden schalten. [4]

Die Frage bleibt also, wie können sich Unternehmen, insbesondere deutsche Unternehmen dieses Wachstum zu Nutze machen?

Fabian Lübke:Auch ausländische Unternehmen könnten die Netzwerke mit der entsprechenden sprachlichen und technischen Expertise nutzen, um Informationen zu Konsumverhalten oder Markenbeliebtheit zu sammeln.

Um konkurrenzfähig zu bleiben ist das Modewort der „Wissensgesellschaft“ der Schlüssel zum Erfolg. Durch eine zum freien, unabhängigen  Denken ermunternde, fundierte Bildung, passenden Rahmenbedingungen für die innovationsfreudigen, hochspezialisierten deutschen Mittelständler mit ihrer erfahrenen Belegschaft und die multinationalen deutschen Aushängeschilder verfügt Deutschland über eine Wirtschaftsstruktur, die sich auch im Zusammenspiel mit China als tragfähig erweisen sollte.

Unternehmen, denen es gelingt in China Fuß zu fassen, profitieren natürlich erst einmal von einer hohen Zahl potentieller Kunden. Insbesondere die hochspezialisierten deutschen Mittelständler könnten dabei sehr vom chinesischen Markt profitieren. Maschinenbauer die in Deutschland oder Europa vielleicht gerade einmal mit Stückzahlen von ein bis zehn hantieren, könnten ein vergleichbares Produkt in China vielleicht gleich hundertfach loswerden.

Zunehmend spielen jedoch auch Forschungskooperationen eine Rolle. So entwickeln zum Beispiel die TU München, das Karlsruher Institut für Technologie und die TU Berlin gemeinsam mit ihren chinesischen Partnern, der Tongji University (Shanghai), der Tsinghua University (Peking), der Huazhong University of Science and Technology (HUST, Wuhan) und dem Beijing Institute of Technology (BIT, Peking) neue Technologien für Elektroautos.“

Was muss bei dem Eintritt in den chinesischen Markt beachtet werden?

Fabian Lübke: „Das ist eine sehr umfassende Frage. Der wichtigste Punkt ist vielleicht erst einmal: China ist nicht gleich China. Die rechtlichen Rahmenbedingungen variieren je nach Region oder Wirtschaftszone immens. An allen Ecken werden in China politische „Experimente“ durchgeführt, die selbst zueinander im Wettbewerb stehen und der Regierung dazu dienen, die beste Konfiguration für das chinesische Wirtschaftssystem herauszufiltern.

Auch darüber hinaus ist China nicht eins zu eins mit einer liberalen Marktwirtschaft vergleichbar. So spielen Vertreter verschiedener Regierungsebenen nicht nur bei den Staatsbetrieben eine wichtige Rolle sondern sind zum Beispiel auch im Bankensektor noch eine zentrale Entscheidungsinstanz. Aus diesem Grund gilt auch hier die triviale Einsicht, dass bei einem Schritt nach China verlässliche lokale Partner und eine umfassende Kenntnis der lokalen Bestimmungen und politischen Strukturen eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreiches Chinageschäft sind.

Am Beispiel von Apple wurde jüngst öffentlich, dass über regierungsnahe Medienhäuser und soziale Medien orchestrierte Kampagnen gegen einzelne (ausländische) Hersteller durchgeführt werden. Für manche Beobachter fallen auch die Qualitätsmängel, die deutschen Autoherstellern in China jüngst vorgeworfen wurden, in diese Kategorie.

Des Weiteren halte ich es für sehr wichtig, den „Mythos chinesischer Markt“ hin und wieder kritisch zu hinterfragen. Schon im 19. Jahrhundert rechneten sich britische Textilfabrikanten gedanklich aus, wie lange die Mühlen von Manchester laufen könnten, wenn jeder Chinese sein Hemd um nur 3cm verlängern würde. Es mag eine Ironie des Schicksals sein, dass anstatt der Stoffe, zumindest bildlich, irgendwann die Mühlen nach China abgewandert sind. Rechnungen mit dem Markt der 1,3 Mrd. Chinesen gehen natürlich vollkommen an der Realität vorbei. Wie groß die spezifische Zielgruppe tatsächlich ist, muss man sich bei jedem Produkt neu überlegen. Dass die Rechnung nicht immer aufgeht wurde zum Beispiel jüngst im Fall der Metro-Tochter Media Markt deutlich, die sich nach einer erfolglosen Testphase wieder aus China zurückgezogen hat. In der Onlineausgabe der Frankfurter Rundschau war kürzlich ein Artikel mit dem Titel „Alle rennen wie die Lemminge nach China“ zu lesen. Dieser Eindruck wird tatsächlich manchmal vermittelt. Dabei sollte man vorsichtig damit sein, Entwicklungen der letzten zwanzig Jahre blind in die Zukunft zu projizieren.“

Wir finden, dass es also nicht immer einfach ist, sich im chinesischen Markt durchzusetzen. Wie sich China weiterentwickelt bleibt abzuwarten. Denn auch jetzt schon Entwickeln sich die Löhne in China weiter nach oben und dadurch wandern bereits jetzt schon viele Unternehmen in billigere Länder wie Bangladesch aus. Die Umweltbelastung, der große Ressourcenbedarf sowie die internen sozialen Spannungen zwischen Ost- und Westchina, Reich und Arm, machen China weiter zu schaffen. Für erfolgreiches Marketing in sozialen Netzwerken müssen deutsche Unternehmen ihre genutzten Plattformen auf ihre Verfügbarkeit in China hin prüfen, diese auswählen und somit ihre bisherigen Kanäle erweitern. Anschließend sollte ein Account eröffnet werden und ein chinesisch-sprachiger Redakteur gefunden werden.

http://www.stimmen-aus-china.de/

(Insbesondere:

http://www.stimmen-aus-china.de/2013/02/06/sina-weibo-spiegel-einer-kritischen-gegenoffenlichkeit-in-china/)

Das Internet frisst seine Kinder – Han Han kritisiert Sina Weibo

Vgl3:Spiegel Online, Von Jonathan Mielke,http://www.spiegel.de/netzwelt/web/chat-dienst-weixin-anti-facebook-aus-dem-zensur-reich-china-a-868893.html, 10.05.2013

Vgl4:t3n, Björn Eichstädt und Celia Wei, http://t3n.de/magazin/china-sozialen-netzwerke-social-web-mitte-229593/4/, aufgerufen am 14.05.2013

http://de.nachrichten.yahoo.com/blogs/total-digital/facebook-hei%C3%9Ft-hier-renren-social-media-china-125602858.html, aufgerufen am 14.05.2013

Vgl.[1]http://www.zeit.de/2013/11/generation-y-china, aufgerufen am 18.05.2013

Vgl.[2]http://www1.cnnic.cn/IDR/ReportDownloads/, gedownloaded am 23.05.2013

 

 

Über Werner Ohsam

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  • Eigentlich weiß man ja Bescheid über das immer mächtiger werdende China, aber so ein Artikel öffnet einem definitiv nochmals die Augen ein bisschen weiter.